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Normale Version: Patriarchat/ Matriarchat?
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Hallo,

kommen euch diese Zeilen irgendwie bekannt vor:

"Vom familientherapeutischen Standpunkt aus gesehen ist die patriarchalische Familienstruktur im Süden oft nur eine soziale und ökonomische Realität. Psychologisch und existentiell erweisen sich die durch Männer dominierten Familien als oft verhüllte Matriarchate."

Ist aus dem Buch "Das kompetente Kind" von Jesper Juul. Ich bin gestern Abend darüber gestolpert und musste ihm irgendwie seeeeeehr Recht geben...

LG
Martina
Es scheint dem Menschen innezuliegen, im Rudel zu leben und dies durch ein starkes Fuehrungstier leiten zu lassen... ich finde es in meinem fortgeschrittenen Alter eher schnurps, ob jetzt der Mann oder die Frau die Fuehrung hat, ob offen oder verhohlen... letztendlich nuetzen solche Kategorisierungen nur dem, der sich als "Opfer" der Struktur sieht.

Jeder kann sein Leben selbst in die Hand nehmen und sich fuer sich selbst einsetzen, im Patriarchat wie im Matriarchat.

Das war das Wort zum Freitagmorgen, Carmen
Carmen! Wie bist du denn heute drauf Wink?!?

Ich wollte ja nicht darüber klagen, sondern nur mal wissen, ob ihr nicht auch meint, dass es auf GR zutrifft. Ich kenne schon ziemlich viele herrische Yiayiades...!

LG
Martina
Martina schrieb:Ich wollte ja nicht darüber klagen, sondern nur mal wissen, ob ihr nicht auch meint, dass es auf GR zutrifft. Ich kenne schon ziemlich viele herrische Yiayiades...!
Dazu gehoeren immer zwei: Der, der "herrschen" will und der, der sich beherrschen lassen will.

Die Begriffe "Patriarchat" und "Matriarchat" werden gern falsch besetzt.... und nur weil Roecke sich wie herrschsuechtige Maenner verhalten, ist es noch lange kein Matriarchat.

Dasselbe Phaenomen begegnet uns ja auch immer wieder mit dem Begriff "Macho" - nur weil einer den Hengst spielt, ist er noch lange kein "Macho". Machismo beschreibt eine ganz bestimmte Gesellschaftsstruktur, die nur in Lateinamerika vorkommt und mit dem mediterranen Grossmaul genauso viel zu tun wie der Esel mit dem Fahrrad.

LG Carmen
Carmen schrieb:Machismo beschreibt eine ganz bestimmte Gesellschaftsstruktur, die nur in Lateinamerika vorkommt und mit dem mediterranen Grossmaul genauso viel zu tun wie der Esel mit dem Fahrrad.

LG Carmen
Das ist ja interessant! Magst du das mal erläutern? Ich kann mir unter dem mediterranen Großmaul schon viel vorstellen *g*, aber unter der machismen Gesellschaftsstruktur nun gar nichts.

Aber nicht dass wir nachher Beschwerden kriegen, dass das hier nix mehr mit GR zu tun hat?!

LG
Martina
Das wird jetzt aber etwas laenger...

Der Machismo entstand aus den neuen Gesellschaften, die sich nach der "Eroberung" Suedamerikas formten.

Im 15. Jhrd. wollten die katholischen Koenige in Spanien das gesamte Land von den Arabern zurueckerobern, das ganze zog sich eine Weile hin. Man brauchte dazu viel mehr Ritter (harte Kaempfer), als man hatte und so fing man irgendwann an, einfach "jeden", der sich diesen Job zutraute, zu verpflichten und als Entlohnung versprach man hinterher ein schoenes Stueck Land. Um 1490 war man damit durch, der letzte Kalif (Boabdil) verliess Spanien - nun hatte man aber ein Problem. Die, die man in diesem bedingungslosen Kampf zum "Ritter" gemacht hatte, waren in grosser Zahl skrupellose Verbrecher und Moerder. Man hatte dieses Pack nun an den Hacken, hatte nicht genug Land, sie zu befriedigen und vor allem hoerten sie nicht auf, rumzurandalieren und entwickelten sich zum ernsthaften problem fuer das Land.

So kam es grad recht, dass Kolumbus 1492 neues Land entdeckt hatte - dort konnte man das Gesocks hinschicken, das gerne ging, denn neben Land gab's auch reichlich Gold einzunehmen.

Es kam, wie es kommt, wenn man psychiopatische Moerder tun laesst, was sie tun wollen, die Greueltaten sind hinlaenglich bekannt. Diese Leute fingen jedoch auch an, ganz menschliches Rudeltier, eine neue Gesellschaft aufzubauen.

Aus der entwickelte sich dann der sog. Machismo. Kennzeichen des Machismo ist eine ausgepraegte Hierachie, natuerlich alles rein Maenner-orientiert. Im Machismo ist die Gesellschaft tatsaechlich in viele ganz klare Stufen aufgeteilt. Der Mann verbringt sein Leben damit, diese Stufen hinaufzuklettern, Ziel ist das Epizentrum der Macht. Auf jeder Stufe geht er Allianzen ein. Keine Freundschaften! Innerhalb dieser Allianzen unterstuetzt man sich tatsaechlich und ist vergleichsweise sehr offen - aber nur solange, bis dies dazu fuehrt, die naechst hoehere Stufe zu erklimmen. Dann werden die alten Allianzen sofort aufgeloest, man kennt sich nicht mehr. Der Sprung in die naechste Stufe ist natuerlich auch von Intrigen begleitet, zwei "allerbeste Freunde" sehen sich nicht gehindert, dem anderen gleichzeitig am Stuhl zu saegen, wer das nicht tut, ist ne dumme Memme und eh schon "tot".

Natuerlich gehoeren Korruption und Vorteilnahme auch zu den Mitteln, wie man in die naechste Machtstufe gelangt und andersherum sind die Machtstufend dazu da, immer groessere Moeglichkeiten der Vorteilnahme zu erlangen.

Es ist eine Gesellschaftsform, in der es keine Freunde gibt und keiner darunter leidet, in der es ausschliesslich um Macht und Vorteilnahme geht. Interesanterweise sind Frauen relativ "frei" in machistischen Gesellschaften. Jeder, der die Regeln beherrscht, darf heutzutage "mitspielen" und Maennern ist es relativ egal, ob sie Allianzen mit Frauen oder Maennern eingehen - es geht um die gesellschaftliche Position, mehr nicht. Hier kommt dann oftmals das sexuelle mit ins Spiel: Frauen und Maenner unterscheiden sich dann oftmals einfach nur durch die Wahl der "Waffen" in diesem immerwaehrenden Kampf.

Dass dann Maenner oft auch zu Hause (scheinbar) den tyrannischen Hengst spielen, oder ob die Frau in Wirklichkeit die Faeden in der Hand hat, ist nur ein ganz kleiner Nebeneffekt. Einer, der nichts weiter im Sinn hat, als Hierarchien nach oben zu klettern, dabei nur Feind, nicht Freund kennt, wird zu Hause wohl kaum der soziale Teamworker sein Wink Andersherum erwarten Frauen auch, dass ihr Mann "Staerke" zeigt - ein anderer Typus wuerde halt nicht "nach oben" streben.

Es gibt gerade in machistischen Gesellschaften grosse Armut, Slums usw., in Brasilien werden sogar Strassenkinder offen abgeknallt. Aus dem gesellschaftlichen Selbstverstaendnis heraus sind das halt alles "nutzlose Loser", die es nicht geschafft haben und nie schaffen werden, die gesellschaftliche Hierarchie hochzuklettern.

Das war so in Kurzform, was den Kern des Machismo ausmacht. Wenn wir also das mediterrane Grossmaul dagegen stellen, so ist der ein Nichts, bestimmt kein Macho. Sicher keiner, der nichts weiter im Sinn hat, als Machtstufen nach oben zu klettern, seine Allianzen abstoesst, sobald sie nicht mehr noetig sind. Keiner, der Stuehle saegt und "gesellschaftlich toetet", nur um etwas mehr Macht zu erlangen. Ich persoenlich habe noch nicht einen einzigen echten Macho in GR gesehen, zumindest an ihren Familien halten sie fest und auch an ein paar besonders guten Freunden.

Ich hoffe, das Wesentliche ist klar geworden.

Carmen
*staun*, was du so alles weißt!

Danke, das war sehr interessant! Ich bin übrigens auch schon lange dahinter gekommen, dass das hier keine echten Machos sind ;-).

LG
Martina (hast übrigens Email Wink )
Tja, tut mir leid. Ich habe versucht, ein paar vernueftige Links zu finden, die sich einigermassen wissenschaftlich mit dem Thema auseinandersetzen. Eigentlich ist aber alles Brauchbare auf spanisch... Ich besass mal eine Kopie einer oesterreichischen Diplomarbeit zum Thema, leider steht die aber nirgendwo im Internet. Einen krassen Teilaspekt des Machismo, die Gewalt gegen Frauen, bespricht folgender Artikel: http://www.suedwind-institut.de/Dek-2-030-09.htm

Angedeutet wird das Wesen des Machismo in folgendem Satz:

"Montenegro vertrat 1992 die These, dass im präkolumbianischen Lateinamerika ein solidarisches [soziales] System durch ein patriarchalisches ersetzt wurde. Damit habe sich ein soziales System konsolidiert, dessen Norm die männliche Herrschaft und Gewalt sowie eine hierarchische und autoritäre [soziale] Struktur sei."

Wie dem auch sei. Genauso wenig, wie ein aufgeblasener Gartenzwerg ein Macho ist, genauso wenig ist eine Gesellschaft mit herrischen Grossmuettern "matriarchalisch" Wink

Gruss, Carmen
Hi !

Da kann man mal sehen wie man verblödet ... als ich die Überchrift gelesen hatte .. dachte ich echt es ginge um chats =D

Sorry, .. ist komplett o.t. - kommt nicht wieder vor ... :lol:

Gruß Uli
Herr Ober!

Ich nehme dasselbe, was der Her dort gerade hatte!

Wink
Bei dieser Thematik fällt mir ein, dass ich als Hausaufgabe mal beim Sprachlehrgang im AthensCenter
einen Aufsatz über "die Rolle der Frau in der griechischen Gesellschaft" schreiben mußte. Ein Aufsatz mit
dieser Thematik wär mir schon unter Verwendung der deutschen Sprache schwer gefallen, geschweige denn
auf griechisch. Das AthensCenter of greek Language hatte übrigens damals nur weibliche Lehrkräfte,
von daher war eigentlich klar, wie argumentiert werden mußte. Trotzdem, zum Glück mußte ich nicht
meine Hausaufgaben vorlesen, sondern die beiden Mitschüler, die in der belgischen bzw polnischen
Botschaft arbeiten und schon von Berufs wegen geschickt argumentierten.

Das die Diskussion über "die Rolle der Frau in Gesellschaft und Ehe" ein Thema ist,welches junge Frauen
in Griechenland interessiert, daran fühlte ich mich erinnert, als wir vor kurzem eine Familie in Athen besuchten.
Die Tochter der Familie, eine Studentin, hatte mir auch diese Frage gestellt und wartete kampfeslustig
auf meine Erklärungen. Ein Glück für mich, dass ich diese Diskussion nicht ganz unvorbereitet führen
mußte.Trotzdem, noch einmal werde ich mich nicht auf eine solche Diskussion einlassen.
*ggg

Und ich hab gerade vor wenigen Tagen ueber folgendes Statement aus dem Munde eines NORDeuropaeers lauthals gelacht:

"Ausbildung ist fuer Maedchen eh nicht so wichtig."

Wink

Um Staub im Kopf zu haben, braucht man nicht von klein auf an die Sandstuerme in GR durchgemacht zu haben, wie man sieht *gggg

Carmen, noch immer amuesiert

PS Apropos Sandsturm: Der naechste ist fuer Montag angekuendigt!