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Normale Version: Der Gast
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Nun hab ich es wieder gelesen, ich bin “Gast” in Griechenland. Das wird vermutlich dadurch definiert, dass ich nicht den griechischen Pass habe? Ich bin also „Gast“, vermutlich zahlender Dauergast...?

Da soll mir doch mal einer erklaeren, was er unter „Gast“ versteht. Ist Christina Onassis weniger Gastin GR als ich, wo sie niemals in GR gelebt hat, die Sprache nicht spricht und sich nicht mal fuer ihr eigenes Hab und Gut dort interessiert? Darf Costa Cordalis, der 40 Jahre in D lebt und arbeitet keine Meinung zu Themen rund um Deutschland haben, weil er ja bloss Gast ist? (Mir fallen grad keine weiteren Auslandsgriechen ein)

Umgekehrt hiesse das, wenn ich, die ich Spanien nur aus dem Urlaub kenne, dorthin umzoege, ich dort weniger Gast waere, weil ich den Pass besitze? Und mein Sohn, der genau 2x im Leben dort war, gross, blond und blauaeugig ist und kein Wort spanisch spricht, auch nicht, weil er den Pass geerbt hat? Aber womoeglich ist mein englischer Nachbar dort, der schon 10 Jahre mit allen Konsequenzen dort lebt, Gast und hat keine Meinung zu haben zu dem, was um ihn herum geschieht?

Und besser noch: wenn ich mich nie D haette einbuergern lassen, waere ich dann lebenslanger Gast geblieben, der keine eigne Meinung haben darf zur Geschichte und Politik des Landes?

Die einen nennen das „Nationalismus“, ich nenne das „freundlich umschriebene Ausgrenzung“. Zumindest Missbrauch des positiven Wortes „Gast“.

*nachdenklich*
Carmen

Carmen schrieb:

>(Mir fallen grad keine weiteren Auslandsgriechen ein)

Doch, ich war einer. Ich bin zwar nicht prominent, und kann auch nicht so schön singen wie Kostas Kordalis <img src="icons/icon9.gif" alt=":-(" border=0 align=absmiddle> , aber ich habe mich in Deutschland nie als Gast gefühlt. Es hat mir auch nie jemand das Gefühl gegeben, daß es so wäre.

Gruß Dionysis

hallo dionysis

eine interessante aussage, ich frage mich grad als was ich mich im ausland fühlen werde... ich glaub das ist etwas wirklich nachdenkenswertes dass mich noch länger beschäftigen wird, danke dafür.
noch ne frage, als was fühltest du dich denn und wie wurdest du hier behandelt?

gruss
ulli

Carmen schrieb:
> Nun hab ich es wieder gelesen, ich bin “Gast” in Griechenland. Das wird vermutlich dadurch definiert, dass ich nicht den griechischen Pass habe? Ich bin also „Gast“, vermutlich zahlender Dauergast...?

Das ist in der Tat eine interessante Frage.
Ein "Gast" ist doch jemand, den man freiwillig bei sich aufnimmt und von da an hofft, dass er irgendwann wieder geht.
Solange aber hat man ihn mit Respekt zu behandeln, so, wie man im Haus des Gastes auch behandelt werden moechte.
Keinesfalls unternimmt man Anstrengungen, ihm das Leben unangenehm zu machen.
Die Pflichten des Gastes liegen wiederum darin, sich wie ein solcher zu benehmen. Das heisst, er nutzt die Gastfreundschaft nicht aus, indem er den Kuehlschrank leerfrisst und der Frau Gastgeberin ins Dekollete ruelpst.
In jedem Fall geniesst ein Gast kein Hausrecht. Er darf niemanden einladen oder rauswerfen, und er darf auch nicht bestimmen, in welcher Farbe das Klo gestrichen wird.
Er hat also weniger Rechte als der Hauseiegentuemer.
Allerdings hat er auch weniger Pflichten:
Er braucht das furchtbar gestrichene Klo i.d.R. nicht zu putzen, er muss den Kuehlschrank nicht selbst mitbringen und er muss nicht zum Finanzamt laufen, um die Steuerpapiere fuer das Haus seines gastgebers abzuholen, es sei denn, er taete das freiwillig Wink

Vielleicht kann man sich anhand dieser zugegeben etwas schillernden Beispiele auf eine Definition des Gastes einigen, die in diese Richtung geht.

In dem falle waere ich ganz sicher kein Gast:
Ich zahle meine Steuern hier und ausschliesslich hier, dafuer darf ich auch bestimmen, welcher Nomarchis uns in den naechsten 4 Jahren das Leben vergraetzt.
Ich darf hier alles benutzen, ohne zu fragen, denn ich zahle dafuer.
Ich darf am oeffentlichen Leben teilnehmen, denn ich bin teil des oeffentlichen Lebens, ob ich will oder nicht.

Niemand kann mich mit einem froehlichen "Feierabend!" auf den Lippen zwingen,morgen frueh das Land zu verlassen, selbst wenn ich Frau Nomarchis ins Dekollete ruelpse.

Also bin ich kein Gast. Ganz sicher nicht.
Aber was bin ich dann?

Ich bin Auslaender, klar, das werde ich immer bleiben und ich glaube, das will ich auch. Ich will keinen griechischen Pass und ich will keine griechische Fahne in meinem Garten.
jetzt wirds schwierig, gell?
Denn wenn ich kein Gast bin und kein Grieche, was bin ich dann?

Ich glaube, ich bin "Einwohner".
Ich bin Einwohner von Samos, weil ich die Moeglichkeit dazu hatte, das *relativ* einfach durchziehen zu koennen und weil mir das rechtlich von der europaeischen gemeinschaft mit den o.a. Konsequenzen ermoeglicht wurde.
Das heisst; Die Zeiten, als Auslaender immer "Gaeste" waren, die man rauswerfen konnte, wann es einem passte, sind vorbei.
Das grosse Ideal, mit dem einem der gnadenlose Wirtschaftsterror der EU schmackhaft gemacht wurde, war doch so etwas wie ein grosser Verband
von Europaern, in dem alle irgendwie gleich sind.
Und schwupps - schon haben wir den Salat, wenn's ernst wird Wink

Klar habe ich auch Pflichten, die ueber das Steuerzahlen hinausgehen.
Ich habe die Pflicht, mich schlau zu machen, bevor ich mein Maul aufreisse, und ich habe die Pflicht, meine Mitbuerger so zu behandeln, wie ich auch behandelt werden moechte.
Aber diese Pflichten habe ich auch da, wo ich herkomme.
Ich habe *nicht* die Pflicht, alles zu schlucken, was mir als landestypische Eigenart aufgetischt wird, das muss ich in Bayern auch nicht.


Nun denn - nach Abwaegung meiner Rechte und Pflichten nehme ich ab und zu das Recht in Anspruch, anders zu denken und zu handeln als die ethnische Mehrheit hier.
Dasselbe Recht hat die ethnische Mehrheit dort, wo sie eine Minderheit ist, z.B. in Hamburg, und die meisten Griechen, die ich dort getroffen habe, warens auch mehr oder weniger zufrieden so.

Koennen wir also das "Gast"-Denken nicht einfach mal lassen? Die Zeiten sind nicht mehr danach, sie haben sich geaendert, und wenn es auch eine der ganz wenigen erfreulichen Begleiterscheinungen der EU ist, dann ist das umso mehr ein Grund, uns darueber zu freuen ud das beste draus zu machen.

---Mein Gott, ich sollte Reden fuer Bruder Johannes schreiben--- Wink

Hallo Tobi,

das hast du wirklich gut formuliert. Besser glaube ich ging es nicht, ach wenn es die Rede nicht fuer Bruder Johannes war ! *grinz*

Es hat mich jedoch etwas nachdenklich gemacht. Als ich einen kleinen Vergleich mit den Zeiten im good old Germany machte, stellte ich fest, dass in vielen Faellen das Wort "Gast" dort auch fuer uns halb-deutschen fiel.

Das Recht, ueber Dinge mitzureden, was die ganz-deutschen betraf, Dinge die u.a. historisch in D bedingt sind, nee, da hat man uns nicht so frei darueber reden lassen.

Das Argument was immer fiel, war mehr oder weniger in der Richtung "du/ihr seid Ausenstehende, das koennt ihr nicht beurteilen". Egal ob das Wortgenau so war oder nur Sinngemaess, interessant war fuer mich festzustellen, dass es im "umgekehrten Fall" nicht Wirkung zeigte.

Leicht depremiert stelle ich nun fest, dass mir/uns damals doch etwas fehlte, um unsere von der Mehrheit abweichende Meinung zu untermauern.

Ehrlich gesagt, bin ich im inneren froh darueber, dass es hier wohl anders zugeht. Es ist kein gutes Gefuehl "agbespeisst" zu werden. Im allgemeinen und ganz unabhaengig vom Anlass.

Gruss,
Andreas

> Es hat mich jedoch etwas nachdenklich gemacht. Als ich einen kleinen Vergleich mit den Zeiten im good old Germany machte, stellte ich fest, dass in vielen Faellen das Wort "Gast" dort auch fuer uns halb-deutschen fiel.
>
> Das Recht, ueber Dinge mitzureden, was die ganz-deutschen betraf, Dinge die u.a. historisch in D bedingt sind, nee, da hat man uns nicht so frei darueber reden lassen.
>

Stellt sich die Frage, wer "man"ist.
Es gibt hier wie dort Menschen, die man mit seeeehr viel gutem Willen als "konservativ" einstufen koennte, und hier wie dort sind sie m.M. sogar in der Mehrheit.

Aber sollten wir solche tumben Volkstuemler, hier wie dort, ueber unser Mitspracherecht bestimmen lassen?
Jeder, der in der Lage ist, eine Bibliothek (oder heute das Internet) aufzusuchen, um sich zu informieren, hat das Recht, zu den Themen, ueber die er etwas weiss, eine Meinung zu haben, auch wenn er vielleicht nicht so viel weiss wie andere.
Wenn immer nur die Schlausten was sagen duerften, dann hiesse das ja nicht mehr Demokratie, sondern Expertokratie. Nein, jeder darf seine Meinung aeussern, und das ist auch fuer mich oft unerfreulich Wink

Also sollten wir doch nicht danach gehen,welches Recht uns andere zubilligen, auch wenn sie in der Mehrheit sind, sondern welches Recht wir nach allem rationalen Ermessen tatsaechlich haben.
Darum gings mir.

Und - sorry zu hoeren, dass der Gaststatus auch in D oft missverstanden wurde und wird, obwohl es mich auch dort nicht ueberrascht, leider.

Mir scheint, dass Du, Andreas, nicht so recht verstanden hast, warum sich Carmen (und im anderen Thread unten auch Tobi) hier so angegriffen fühlen.

Zur Illustration: meiner griechischen Frau, die seit 1996 in Deutschland lebt, wurde von Deutschen in zwei verschiedenen Situationen gesagt, sie als "Gast in diesem Land" habe nicht das Recht bestimmte Dinge zu tun. Benutzt wurde dieses "Argument" in beiden Fällen mehr oder weniger dazu, ihr in Auseinandersetzungen den Mund zu verbieten, da sie als Nichtdeutsche eben nicht die gleichen Rechte hätte wie Deutsche. Das ist nichts anderes als Rassismus. Meine Frau hat sich beide Male SEHR angegriffen gefühlt und führt diese Beispiele (liegen ein wenig zurück) heute noch gerne an, wenn es um "die Deutschen" und deren Intoleranz geht.

Es sagt sich sehr schnell und scheint ein Totschlagargument zu sein, doch die Wirkung auf den als "Gast" Bezeichneten kann fatal sein. Außerdem ist der argumentative Wert gleich Null.

Grüße,
Rainer

Womit wir wieder mal gesehen hätten, dass das wiederum kein Griechenlandphänomen, sondern etwas ist, was in a l l e n Ländern vorkommt: die Ausgrenzung von nicht "waschechten Einheimischen". Man kann sich noch so lieb und korrekt verhalten, man bleibt trotzdem "Gast".

Machts gut.

Saroula

Hallo Rainer,

Das sie sich angegriffen und so ragiert haben, dass kann ich nun gut nachvollziehen.

Es stimmt, es ist ein Totschlagargument, und ein sehr armes.

Mir liegt nichts am Streit, eher an Argumentation. Da das o.g. offensichtlich keinen argumentativen Inhalt hat, muesste ich es konsequenter Weise zurueckziehen, mich entschluldigen und an der selben Stelle wieder weitermachen, mit inhaltlich staerkeren Argumenten.

Ist das ein akzeptabler Vorschlag ?

Andreas

Ich kann natürlich nicht für Carmen und Tobi sprechen, aber ich finde die Reaktion von Andreas klasse.
Grüße,
Rainer

Hallo Ulli

Du fragtest als was ich mich hier fühle, und wie ich hier behandelt wurde.
Also, auch hier fühle ich mich nicht als Gast, trotz der Anpassungsproblemchen die ich an anderer Stelle beschrieb.

Aber die Situation ist nicht die gleiche.
In Deutschland fühlte ich mich nicht als Gast, weil ich in der Gesellschaft integriert (nicht assimiliert) war, und hier fühle ich mich auch nicht als Gast da ich eine Gewisse Bindung zu Athen habe, weil ich hier die ersten Lebensjahre meiner Kindheit verbracht habe, und weil ich hier Familie hab.

Zu der Sache mit dem „Außenstehenden“, und daß man sich als Außenstehender keine Meinung bilden darf, da muß ich sagen, daß sich meine Erfahrungen unterscheiden.

>Das Argument was immer fiel, war mehr oder weniger in der Richtung "du/ihr seid Ausenstehende, das koennt ihr nicht beurteilen". (schrieb Andreas)

>meiner griechischen Frau, die seit 1996 in Deutschland lebt, wurde von Deutschen in zwei verschiedenen Situationen gesagt, sie als "Gast in diesem Land" habe nicht das Recht bestimmte Dinge zu tun. (schrieb Rainer)

So etwas habe ich nie erlebt, im Gegenteil wurde meine Meinung bei einigen Sachen herangezogen, um eine weitere Sichtweise, eines aus einer anderen „Kultur“ Kommenden, kennenzulernen.

Mir ist schon klar, daß mich der Asoziale, der seinen Tag von Morgens bis Abend an der Imbißbude gegenüber mit Biertrinken verbrachte, mich als Gast ansah. Aber sollte mich das interessieren?

Gruß an Alle


> Mir liegt nichts am Streit, eher an Argumentation. Da das o.g. offensichtlich keinen argumentativen Inhalt hat, muesste ich es konsequenter Weise zurueckziehen, mich entschluldigen und an der selben Stelle wieder weitermachen, mit inhaltlich staerkeren Argumenten.
>
> Ist das ein akzeptabler Vorschlag ?

Ich denke nicht, dass das noetig waere. Ich finde es gut und sehr beruhigend zu wissen, dass das von denen, die das hier geaeussert haben (du warst ja nicht der einzige, oder? Wink ), mehr in der Hitze des gefechts fallengelassen wurde, ohne dass dahinter ein entsprechendes politisches Weltbild steckt.
Das beruhigt mich wirklich sehr.

In diesem Sinne ...

... die einen beim kommen, die anderen beim gehen, so lehrt uns die Werbung für "Ouzo 12". Wink

Gruß Stephan, der endlich auch mal wieder einen Kommentar abgeben wollte

http://www.villa-zoi.com
Tobi schrieb:

>Ich finde es gut und sehr beruhigend zu wissen, dass das von denen, die das hier geaeussert haben (du warst ja nicht der einzige, oder? ), mehr in der Hitze des gefechts fallengelassen wurde,…

Da ich irgendwie den Faden verloren habe, muß ich noch mal nachfragen.
Was hat wer geäußert, wer war nicht der einzige, und wer war da noch dabei?

Bravo Tobi!

Lisi

Ja, also was sind wir denn jetzt in den Augen der anderen? Mir wir meine ich diejenigen, die Deutsch/Griechisch sind.
Ich fuehle mich jedenfalls als beides. Als ich noch in Deutschland lebte, fuehlte ich mich ein bisschen weniger als Griechin, aber mittlerweile habe ich meine Balance gefunden!!! Ich fuehle mich 50/50. Und zum Glueck kann ich die Gast-Erfahrungen, die ich hier unter anderem gelesen habe, nicht teilen. In Deutschland bin ich Deutsche und hier in GR bin ich respektierte Halb-Deutsche-Halb-Griechin.
So fuehle ich mich jedenfalls. Ist das vielleicht anders? Was bin ich fuer die Anderen?

Vielleicht sollte ich mal ein paar Leute fragen...
Aber selbst als ich noch keinen griechischen Ausweis hatte, wurde ich nicht unbedingt als "Gast" behandelt. Es wurde nur immer erstmal Luft geholt, denn der deutsche Ausweis hiess "Arbeit", nichts alltaegliches etc. Wenn man also mal zur IKA musste, dann wurden erstmal hundert Leute gefragt, was man jetzt mit dem deutschen Ausweis anstellt und wie ich "behandelt" werden muesste......Die Institutionen sind halt unerfahren, obwohl so viele Jahre in der EU. Aber trotzdem kann ich nicht sagen, dass ich als Auslaenderin behandelt wurde, vielleicht, weil mein Vater Grieche ist???
Ich werde nochmal darueber nachdenken.
Schoenen Tag noch!

Nicole