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Normale Version: Neue Schlagzeile : Schulz vs. Berlusconi
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Die Angelegenheit koennt ihr auch hier nachlesen (www.web.de)

Habe sie nochmal (aus technischen Gruenden*) hier reingefasst.
(*Den link unten brauche ich fuer die griechische Auslegung)



Schröder verlangt Entschuldigung von Berlusconi


Berlin (dpa) - Der Unmut der Bundesregierung über die Nazi- Äußerungen von Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hält an: Bundeskanzler Gerhard Schröder hat im Bundestag verlangt, dass Berlusconi sich entschuldigt. Die Äußerungen Berlusconis seien «in Inhalt und in der Form eine Entgleisung und völlig inakzeptabel», sagte der Kanzler. Berlusconi hatte am Vortag im Europäischen Parlament einen Eklat ausgelöst, als er den SPD-Abgeordneten Martin Schulz mit einem KZ-Schergen der Nazizeit verglichen hatte.



In der griechischen Seite www.in.gr (s. Link unten), steht fast das selbe, mit der Ausnahmne dass *auch* folgendes dazu steht, was mir erlaubt wird, zu uebersetzten :
(im 5.ten Absatz) ... Silvio Berlusconi hate nicht vor das deuteche Volk zu beleidigen, weigert sich jedoch sich beim Abgeordneten Martin Schulz zu entschuldigen ....

Mir stich es gleich ins Auge, das mit dem "deutschen Volk zu beleidigen" und habe mal in der deutschen Fassung nachgeschaut, wie es da geschrieben wird. (Ganz anders!)

Also, stelle ich wieder mal fest, dass im neugriechischen Sprachgebrauch das Wort "Beleidigung" mit "Volk" zusammengebracht wird. Offensichtlich denkt man hier so. (Das es auch anders geht, das haben wir hier ausfuehrlich diskutiert.)

Aber, wie ich schon Tobi sagte, Diskussionen sind da, um daraus zu lernen.

Falls ich auf einer dt. Agentur weder Erwartens etwas mit "Beleidigung des deutschen Volkes" finden sollte, auch nur sinngemaess, werde ich es allerdings der Vollstaendigkeit halber auch hier einbringen.
Einverstanden ?

Gruss,
Andreas

http://www.in.gr/news/article.asp?lngEnt...gDtrID=245
Dazu fällt mir eine Stelle aus dem klassischen Antikriegsroman von Erich Maria Remarque "Im Westen nichts Neues" ein, verfilmt 1930 in Hollywood als "All Quiet on the Western Front".

Eine Gruppe deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg sitzt in einer Gefechtspause beisammen. Einer fragt: "Wie entstehen eigentlich Kriege?". Ein anderer sagt: "Na ja, ein Land beleidigt das andere." Darauf ein Dritter: "Wie muß ich mir das vorstellen? Kommt da ein französischer Baum zu einem deutschen Fluß und beleidigt ihn?"

Ich habe das sinngemäß und nicht wortgetreu wiedergegeben. Aber es läßt sich auch gut auf das "beleidigte Volk" übertragen. Nationalstolz ist im Prinzip eine gute und vor allem unabdingbare Sache. Es gehört zur menschlichen Identität sich zu allen möglichen Gruppen zugehörig zu fühlen. Bei den einen ist er stärker, bei den anderen schwächer ausgeprägt. Es ist richtig, dass Deutschland aufgrund seiner Vergangenheit ein Problem damit hat, Nationalstolz zu entwickeln und zu zeigen. Viele Amerikaner haben Aufkleber am Auto "American and proud of it" (So ein vor 40 Jahren aus Griechenland eingewanderte Onkel meiner Frau, der nur gebrochen Englisch spricht und jedes Mal weint, wenn sein Griechenlandurlaub zu Ende ist.) Wer das gleiche in D macht ist meist ein Neonazi.

Ich bin z.B. stolz darauf, dass es in D nicht diesen, wie ich finde, übersteigerten und undifferenzierten [worauf ist der Ami den stolz: Vietnam, Sklaverei, Indianermord? Nein: alte Demokratie, große Autos, starkes Militär, Naturschönheit des Landes, etc.] Nationalstolz gibt, dass D mit seiner Vergangenheit vergleichsweise (siehe andere Länder) offen und ehrlich umgeht und dass es D gelungen ist, auf den Trümmern des Dritten Reichs eine vergleichsweise gut funktionierende Demokratie und äusserst friedliche Gesellschaft aufzubauen. Auch das kann Nationalstolz sein.

Stellt Euch mal vor, Berlusconi hätte einen Griechen in gleicher Weise2 "beleidigt". Wäre das auch mit einem kurzen Telefonat abgetan gewesen? [Nicht falsch verstehen, Berlusconi halte ich für einen größenwahnsinnigen Despoten und finde es völlig unverständlich, warum ihn viele Italiener immer wieder wählen]. Ich glaube in GR wären die Wogen der nationalen Empörung derart hochgekocht, dass (für ein paar Tage) niemand mehr Pasta gegessen hätte. OK, das meine ich eher witzig, aber es hätte viel mehr Aufsehen erregt.

Ich habe Anfang der 1990er Jahre einen englischen Kommilitonen mal gefragt, ob er stolz darauf sei. Engländer bzw. Brite zu sein. Er sagte sofort "ja". Auf meine Nachfrage, warum er dies sei, meinte er: "Ich habe befürchtet, dass diese Frage jetzt kommt" und musste dann länger überlegen. Es fiel ihm zur Begründung nur die "Jugendkultur" GBs ein, die seit vielen Jahren tolle Musiker hervorbrächte. OK, er hätte vielleicht auch die alten demokratischen Traditionen (dies bis ins 19. Jh. nicht so richtig demokratisch waren) erwähnen können. Aber hätte er vom Imperialismus sprechen sollen, von der britischen Unterdrückung vieler Völker für viele Jahre?

Ich will damit sagen, dass jeder (auch die am wenigsten nationalistisch eingestellten) in irgend einer Weise stolz auf ihre Herkunft sind. Es gehört nun mal zur persönlichen Identität. Warum sagen dann so viele Deutsche, dass sie sich schämen Deutsche zu sein? Selbst die sind in irgend einer Weise stolz auf ihre Herkunft. Sie meinen dann halt nicht die deutsche Geschichte, aber frag sie mal nach deutscher Technologie, nach Bier, den "deutschen Tugenden". Auf irgend eine "national" definierte oder bedingte Eigenschaft oder Errungenschaft ist jeder stolz. Nur begründen können es die wenigsten, und einige wollen es nicht wahrhaben.

Erst mal genug dazu.
Grüße,
Rainer

Hallo Rainer,

ich stimme Dir in fast allem zu.

Aber: es gibt nicht nur die beiden Extreme Stolz/Scham.

Ich zB meine, stolz kann man ausschliesslich auf eigene Leistung sein (oder auf die von Menschen, die einem sehr nahe stehen), aber nicht auf das, was einem in den Schoss faellt. Nicht auf Schoenheit zB. Und nicht auf die Nationalitaet, in die man hineingeboren wird.

Ich persoenlich finde, ich habe echt Schwein gehabt, dass mein Pa das Wagnis auf sich nahm und nach D auswanderte, so dass ich dort geboren wurde und aufwuchs und irgendwann den Pass kriegen konnte. Ich hab sicherlich ein starkes Zugehoerigkeitsgefuehl, aber null Stolz. Ich bin nicht stolz, aber freue mich sehr, wenn Hamburg aus Steuergeldern schoene Parks anlegt ect., weil ich daran irgendwie mitgewirkt habe. Aber ich hab mich im Leben nicht eine Sekunde fuer meinen Pass geschaemt, echt nicht, kaeme mir auch nicht in den Sinn.

Kuerzlich hatte ich eine Diskussion mit einem Griechen, der selbstverstaendlich davon ausging, ich schaemte mich der Nazizeit wegen. NEIN! Ich distanziere mich schaerfstens, bin auf der Seite der Opfer, finde das alles verabscheuungswuerdig. Aber ich habe keinerlei Verantwortung fuer die Nazis und ihren Wahnsinn. Lass ich mir auch nicht aufdruecken.

Trotz aller Zugehoerigkeit: auch in einer Gruppe bleibe ich ein selbstbestimmtes Individuum. Ich trage meinen Teil zum Wohlergehen der Gruppe bei, dann kann ich stolz sein.

Liebe Gruesse von Carmen

Hallo an alle,
Ich will mal auch ´n paar Aspekte ansprechen.
Versucht da bitte nicht unbedingt einen Zusammenhang zu erkennen, oder unbedingt eine klare Aussage zu sehen.

Rainer:
>Stellt Euch mal vor, Berlusconi hätte einen Griechen in gleicher Weise2 "beleidigt". Wäre das auch mit einem kurzen Telefonat abgetan gewesen?

Vielleicht ja, vielleicht auch nicht.
Das zeigt, daß in Deutschland Vergangenheitsbewältigung stattgefunden hat, daß die Menschen eine andere Sensibilität auf solche Problematiken haben, und daß da die Luft Raus ist. Primitive Provokation und Polemik, wie sie Berlusconi an Tag gebracht, hat zieht nicht mehr, und zeugt dafür, daß es Leute gibt, die den Fluß und den Wandel der Zeit nicht wahrnehmen, oder aus finanziellen, oder machtpolitischen Interessen nicht wahrnehmen wollen.

Rainer:
>Es ist richtig, dass Deutschland aufgrund seiner Vergangenheit ein Problem damit hat, Nationalstolz zu entwickeln und zu zeigen.

Der Fairnis wegen, sollte man erwähnen, daß vor dem Zweiten Weltkrieg, in ganz Europa faschistische und nationalistische Regime herrschten.

Carmen:
>Ich hab sicherlich ein starkes Zugehoerigkeitsgefuehl, aber null Stolz. Ich bin nicht stolz, aber freue mich sehr, wenn Hamburg aus Steuergeldern schoene Parks anlegt ect.

Neulich laß ich einen Artikel über das Zugehörigkeitsgefühl, und wie relativ das je nach Situation sein kann. Sinngemäß ging er so:

>Wenn ich in Berlin mit meinem Auto fahre, das Berliner Kennzeichen hat, dann ist es nichts besonderes. Wenn aber vor mir ein Auto fährt, mit dem Kennzeichen „TF“(Landkreis Teltow- Fläming), dann fühle ich, daß ich mich differenziere, indem ich denke, „Diese TFer fahren ja wie die besenkten“.
>Situation 2: Fahre ich nun als Berliner in Berlin rum, aber mit einem in TF zugelassenem Mietwagen, sieht die Sache anders aus. Wenn ich jetzt einen Fehler mache, und von dem Fahrer eines Autos mit B- Kennzeichen, als TFer Raudi beschimpft werde, dann fühle ich mich, der berliner Menge ausgeschlossen, und fühle mich den Tfern zugehörig.
>Situation 3: Fahre ich in Griechenland ein Auto mit B- Schild, und sehe ein anderes Auto mit TF- Kennzeichen, dann freue ich mich und wir grüßen uns.

In dem Artikel ging es um Italienische Kennzeichen, aber da ich mich nicht mehr erinnere, habe ich einfach B und TF gewählt.

Gruß Dennis

> Ich habe das sinngemäß und nicht wortgetreu wiedergegeben. Aber es läßt sich auch gut auf das "beleidigte Volk" übertragen. Nationalstolz ist im Prinzip eine gute und vor allem unabdingbare Sache. Es gehört zur menschlichen Identität sich zu allen möglichen Gruppen zugehörig zu fühlen.

Und das ist genau die sprachliche Unschaerfe, die in diesem Fall eine Menge Gefahrenpotential birgt.
Du sprichst im selben Satz von "Stolz" und "Gruppenzugehoerigkeit" und meinst dasselbe.
Ich habe ja schon vor ein paar Tagen geschrieben, dass ich nicht sehe, wie man auf etwas "stolz" sein kann, was man nicht selbst erreicht hat.
"Stolz" fuehrt immer zur Aufwertung des eigenen Egos, und eine Aufwertung geht immer mit einer Abwertung von etwas anderem einher, das ist logisch zwingend.
Insofern ist *Stolz* eigentlich seit biblischen Zeiten kein besonders angesagter Charakterzug, nicht einmal fuer selbst erreichtes.

"Gruppenzugehoreigkeitsgefuehl" bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als das man sich als Teil einer Masse fuehlt und das akzeptiert.
Ich entwickle z.B. im Stadion ein starkes Gruppenzugehoerigkeitsgefuehl, bin aber nicht "stolz" darauf, dieser Gruppe anzugehoeren.
Ich habs mir in dem Fall sogar selber ausgesucht, aber das ist keine Leistung gewesen.

> Bei den einen ist er stärker, bei den anderen schwächer ausgeprägt. Es
> ist richtig, dass Deutschland aufgrund seiner Vergangenheit ein
> Problem damit hat, Nationalstolz zu entwickeln und zu zeigen.

In obigem Sinne sage ich da mal "Gottseidank".


>
> Ich bin z.B. stolz darauf, dass es in D nicht diesen, wie ich finde, übersteigerten und undifferenzierten [worauf ist der Ami den stolz: Vietnam, Sklaverei, Indianermord? Nein: alte Demokratie, große Autos, starkes Militär, Naturschönheit des Landes, etc.] Nationalstolz gibt,

Wieso bist Du darauf stolz?
Froh kann man darueber sein, so es noch stimmt, die Zeiten aendern sich ja leider nicht zum besseren in dieser Hinsicht.

> Berlusconi halte ich für einen größenwahnsinnigen Despoten und finde es völlig unverständlich, warum ihn viele Italiener immer wieder wählen

Nach Umfragen sieht es z.Zt. nicht so aus, als wuerden sie es nochmal tun Wink

> Auf irgend eine "national" definierte oder bedingte Eigenschaft oder
> Errungenschaft ist jeder stolz. Nur begründen können es die wenigsten, > und einige wollen es nicht wahrhaben.

Nein, nicht jeder.
Ich nicht und Carmen scheinbar auch nicht.
Kein einziger meiner deutschen Freunde, strenggenommen.
Nicht, wenn man sich exakt vor Augen fuehrt, was der Wortsinn von "Stolz" ist.
Und das Argument "einige wollen es nicht wahrhaben" finde ich jetzt ein bisschen sehr unter deinem ansonsten erfreulich hohen argumentativen Level. Oder ich habs ganz fasch verstanden Wink

Wie gesagt, Stolz ist etwas gefaehrliches, es kann zu Selbstueberschaetzung, Arroganz und Realitaetsverlust fuehren.
Muss nicht, aber kann.Vor allem bei Menschen mit eher kuemmerlichem Selbstreflexionsvermoegen passiert das, vor alem, wenn das Wort in einem gaenzlich unzutreffenden Zusammenhang gebraucht wird.
gruppenzugehoerigkeit dagegen ist etwas, ohne das die Menschen nicht leben koennen und wollen.
Wenn sie das so akzeptieren und mit sich und ihrer Gruppe zufrieden leben koennen, dann geht es auch ohne Stolz.

Tobi und Carmen, Ihr definiert Stolz anders als ich. Es geht letztendlich darum, welches Wort für z.B. "Gruppenzugehörigkeit" oder ein schwer bestimmbares gutes Gefühl etwas erreicht zu haben" substituiert werden kann. Für Euch scheint "Stolz" ein eher gefährlicher und negativ besetzter Begriff zu sein. Für mich nicht.

Es ist so ähnlich wie bei den Anzeigen der Betonindustrie: "Beton (Stolz) - es kommt darauf an, was man daraus macht (und wie man es sieht)." Wenn ich stolz darauf bin, weiß zu sein, wenn ich einen Schwarzen sehe, bin ich nur ein dummer Rassist. Wenn ich stolz darauf bin daß ich einen Marathonlauf unter drei Stunden absolviert habe [läge mir übrigens fern!], bin ich vielleicht ein kleines bißchen eitel, aber wenn mir Fitness ein gutes Gefühl gibt und ich nicht auf alle langsameren Leute mit Verachtung herabsehe...was soll's?

Eben so kann ich stolz darauf sein einer größeren Gruppe anzugehören, inklusive einer Nation. Dazu gehört nicht nur, dass ich auf die "Leistungen" dieser Gruppe stolz bin (im Sport, in der Technologie, etc.), sondern auch, daß ich mich insgesamt mit dieser Gruppe identifiziere, und zwar über die gleiche Sozialisation (z.B. Kinderlieder), mehr oder minder gleiche Wertvorstellungen (z.B. Frauen sollten nicht nur verschleiert durchs Leben gehen dürfen) und andere kulturelle Gemeinsamkeiten (u.a. die Sprache). Ich kann das im Grunde gar nicht verhindern, wenn ich in diese Gruppen hineingeboren worden bin. Ich kann also beispielsweise auch "stolz" darauf sein, dass Frauen in Deutschland weniger diskriminiert werden als in vielen anderen Gesellschaften. Ich habe das aber nicht selbst erreicht, höchstens trage ich einen winzig kleinen Anteil in meiner täglichen Existenz dazu bei.

Mit anderen Worten: Was Du, Tobi, als starkes Gefühl der Gruppenzugehörigkeit im Stadion bezeichnest, bezeichne ich als Stolz auf die Leistungen der "eigenen" Mannschaft. Wenn Du nun aus diesem Stolz heraus bei Niederlagen auf die Fans der anderen Mannschaft einprügelst, wäre das eine sehr negative Eigenschaft. Wenn Du singend in die Kneipe ziehst und bei Siegen einfach nur fröhlich bist, halte ich diesen "Stolz" für vollkommen ok. Das ist auch "Stolz" auf etwas, dass man nicht selbst, sondern nur die Gruppe, zu der man sich zugehörig fühlt erreicht hat.

Noch anders gesagt (an Tobi): Die deutsche Fußballnationalmannschaft ist eine höchst willkürlich zusammengestellte Einheit, deren einzig definierendes Kennzeichen ist, dass alle Spieler die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Freust Du Dich, wenn diese Mannschaft gewinnt? Ich würde sagen, ich bin stolz, wenn es passiert (ok, nicht bei jedem Spiel, aber die Vizeweltmeisterschaft war schon ein Anlaß dazu). Das ist RELATIV unabhängig von der eigentlichen Leistung auf dem Platz; auch wenn die Mannschaft schlechter spielt als der Gegner, möchte ich, dass sie gewinnt. Und warum? Nicht weil ich ein persönliches Verhältnis zu einigen Spielern habe, nicht weil ich persönlich von einem Sieg profitiere, nein NUR weil ich Deutscher bin und dies eine Mannschaft ist, die Deutschland repräsentiert. Ein Sieg der Mannschaft hat überhaupt nicht mit meiner eigenen Leistung zu tun.

"Einige wollen es nicht wahrhaben". Ist sicherlich mißverständlich formuliert. Ich meine damit eben, dass nach meiner Definition jeder auf irgend etwas stolz ist und dass meist auch das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Gruppe dabei im Spiel ist. Wenn Ihr, Tobi und Carmen, dabei bleibt, dass ihr Stolz und Gruppenzugehörigkeit unabhängig voneinander sehen wollt, ist das Euer gutes Recht.

Übrigens: Problem Steigerung des eigenen Egos und Abwertung von Anderen. Klar, das tut man, wenn man stolz ist. Aber das ist auch nur eine normale menschliche Eigenschaft. Jeder Mensch läuft vergleichend und bewertend durchs Leben. Es kommt darauf an, dass man andere möglichst nicht bewußt dabei verletzt. Vermeiden läßt es sich aber beim besten Willen manchmal nicht.

Und noch einmal ganz zum Schluß: Carmen, Du sagtest, dass Du einem Griechen erklären mußtest, Dich als als Deutsche der Nachkriegsgeneration nicht für die Nazizeit zu schämen und keinerlei Schuldgefühl für die damaligen Untatenden zu haben. Ich sage das auch von mir, wenn ich gefragt werde. Ich füge an, dass ich als Deutscher aber ein besonderes Verantwortungsbewußtsein besitze, dass so etwas sich nicht noch einmal wiederholt.

Grüße,
Rainer

Rainer Liedtke schrieb:
> Tobi und Carmen, Ihr definiert Stolz anders als ich. Es geht letztendlich darum, welches Wort für z.B. "Gruppenzugehörigkeit" oder ein schwer bestimmbares gutes Gefühl etwas erreicht zu haben" substituiert werden kann. Für Euch scheint "Stolz" ein eher gefährlicher und negativ besetzter Begriff zu sein. Für mich nicht.

Kann man von einem relativ eindeutig besetzten Begriff zwei Definitionen haben?
Ich weiss nicht...

> Wenn ich stolz darauf bin daß ich einen Marathonlauf unter drei Stunden absolviert habe [läge mir übrigens fern!], bin ich vielleicht ein kleines bißchen eitel, aber wenn mir Fitness ein gutes Gefühl gibt und ich nicht auf alle langsameren Leute mit Verachtung herabsehe...was soll's?


Richtig. Das ist soweit auch OK.

>
> Eben so kann ich stolz darauf sein einer größeren Gruppe anzugehören, inklusive einer Nation. Dazu gehört nicht nur, dass ich auf die "Leistungen" dieser Gruppe stolz bin (im Sport, in der Technologie, etc.), sondern auch, daß ich mich insgesamt mit dieser Gruppe identifiziere,

Aber das sind eben zwei verschiedene Sachen.
Nochmal: *Stolz* ist man auf etwas erreichtes, ueber anderes ist man im Bedafsfall halt *froh*.

Das grundsaetzliche Problem ist, das wir u.U. keine allzu abweichenden Meinungen zu dem Thema des Umgangs mit der eigenen Abstammung haben, aber ich wehre mich gegen die missbraeuchliche Verwendung des Wortes *Stolz*, denn, wie schon gesagt, sie ist in diesem Zusammenhang schlicht falsch und kann sehr, sehr gefaehrlich werden in den Koepfen der falschen Leute.

Stattdessen zu sagen: "Ich bin gerne Deutscher" oder "ich freue mich, Deutscher zu sein" - meinetwegen, klar.
Wenn man "Deutsche" als seine Bezugsgruppe sieht, kann man sich ja auch ueber einen der glorreichen Siege der deutschen Nationalmannschaft freuen Wink - aber Stolz ist immer mit persoenlicher Aufwertung verbunden, und dazu besteht in diesem Falle kein, aber auch nicht der geringste Anlass.

Ich freue mich, wenn "meine" eher international zusammengewuerfelten Jungs gewonnen haben (Das war das letzte mal ueberigens vor sehr sehr langer Zeit), aber stolz duerfen sie darauf alleine sein.

> Ich kann also beispielsweise auch "stolz" darauf sein, dass Frauen in Deutschland weniger diskriminiert werden als in vielen anderen Gesellschaften. Ich habe das aber nicht selbst erreicht, höchstens trage ich einen winzig kleinen Anteil in meiner täglichen Existenz dazu bei.
>
> Mit anderen Worten: Was Du, Tobi, als starkes Gefühl der Gruppenzugehörigkeit im Stadion bezeichnest, bezeichne ich als Stolz auf die Leistungen der "eigenen" Mannschaft.

Ja, aber man kanns einfach nicht machen. Auch wenn es im allgemeinen Sprachgebrauch verankert ist. Normalerweise hasse ich Wortklauberei (doch, tatsaechlich Wink ), aber angesichts der Brisanz solcher Begrife muss man eben vorsichtig sein.

Ein neutrales Beispiel:
"Du bezeichnest das Gefuehl, wenn Du zuviel gegessen hast, vielleicht als 'pappsatt', ich bezeichne es als 'wuetend'".
Kann ich machen, klar, ist aber nicht richtig und kann in gespraechen zu einiger konfusion fuehren.
Mit dem gleichen Recht wie auf meinen Geburtsort kann ich auf einen Lottogewinn stolz sein, und dass das abwegig ist, ist doch eigentlich klar, oder?
Darum und nur darum gehts mir, nicht um Deine Einstellung zu den Dingen, die sich hinter dem von Dir gewaehlten Begriff verbergen.
Das kann jeder halten wie er will, solange es niemandem schadet, denke ich.

Mir ist auch klar, dass ich wahrscheinlich gegen den Missbrauch dieses Wortes nicht viel ausrichten kann (ohne dass mich das in tiefste Verbitterung stuerzt Wink ), aber wenn das Gespraech schonmal drauf kommt....


> Noch anders gesagt (an Tobi): Die deutsche Fußballnationalmannschaft ist eine höchst willkürlich zusammengestellte Einheit, deren einzig definierendes Kennzeichen ist, dass alle Spieler die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Freust Du Dich, wenn diese Mannschaft gewinnt?

Noe. Kein bisschen. Aufgeblasene Millionaere, allesamt. Wenn die mein Volk repraesentieren, *kann* ich mich doch nur davon distanzieren <img src="icons/icon7.gif" alt="Wink)" border=0 align=absmiddle>
Im ernst, mit *denen* habe ich nichts am Hut.
Aber da bin ich u.U., ich geb's zu, nciht repraesentativ.

> Übrigens: Problem Steigerung des eigenen Egos und Abwertung von Anderen. Klar, das tut man, wenn man stolz ist. Aber das ist auch nur eine normale menschliche Eigenschaft.

Klar ist es das, aber keine sehr angenehme. Ich will nicht in Zivilisationspessimismus verfallen, aber kann man nicht wenigstens *versuchen*, solche Dinge auf ein Minium zu reduzieren, statt auch noch dazu *aufzurufen*, wie in den letzten Jahren vermehrt geschehen???

Nein, nein, nein, Rainer...aehm....also:

Du hast recht, dass man eine messerscharfe Grenze zwischen Eitelkeit und Stolz ziehen muss.

Stolz ist fuer mich negativ bestetzt? NEIN nein, nein, nein, oh Gottes Willen, nein. Stolz ist eine warme Dusche, um Gottes Willen, kein Leben, ohne stolz sein zu koennen!!!!!

Aber ein anderes Thema draengt sich penetrant auf: das des Wortschatzes, wie definiert der einzelne einzelne Begriffe? Ich bin zum Beispiel stolz, stoLz sein zu koennen.....aber das hat mir schon ne Menge Arroganz-Punkte eingebracht Wink

Ich muss mal ne Runde nachdenken, wo persoenliche Freude aufhoert und Stolz abfaegngt.

*hab jetzt 20 min an diese Stelle festgehangen*

Es gibt auch fuer Gruppentiere wie mich etwas ganz Persoenliches, etwas, das mir keiner nehmen kann, wo ich das Gefuehl habe, wenn es mich nicht gaebe, waere die Gruppe aermer. Und wo ich sage: Gut, dass ich existiere, denn es macht andere Leben reicher. Mein Leben macht Sinn. (und wenn die Gruppe das nicht begreift, hat sie ein Problem *in die Ecke schmeiss, weil nach 45 Minuten nachgefuegter Satz und voll arrogant*) *gacker* *ob des Missverstaenis-Faktors hoechtamusierte Gruesse vorab*

Und wenn ich das fuehle, dann flieg ich davon.

Dann hab ich*genuetzt*, habe Spuren hinterlassen.

Und wenn ich was veraendert hab oder die, an die ich glaube, mit denen ich eins bin, zum Guten, dann bin ich superstinkestolz. Und wenn sie, mit denen ich eins bin, Spuren hinterlassen, dann bin ich stolz.

Carmen *um Definitionen ringend*

PS "Eitelkeit" ist fuer mich negativ besetzt, aber das krieg ich noch nicht definiert, sorry

Carmen, Dein Beitrag zeigt doch, wie schwierig es ist, zu diesem Thema Aussagen zu machen, die von anderen so verstanden werden wie man es gern hätte. Also, auch an Tobi, lass uns froh, glücklich und stolz sein, jeder nach seiner Facon. Das Thema hat inzwischen ohnehin herzlich wenig mit Griechenland zu tun, oder?

Grüße,
Rainer

Rainer Liedtke schrieb:
> Carmen, Dein Beitrag zeigt doch, wie schwierig es ist, zu diesem Thema Aussagen zu machen, die von anderen so verstanden werden wie man es gern hätte. Also, auch an Tobi, lass uns froh, glücklich und stolz sein, jeder nach seiner Facon. Das Thema hat inzwischen ohnehin herzlich wenig mit Griechenland zu tun, oder?

Das Thema hat jede Menge mit dem Leben in Griechenland zu tun.
*Jede* Menge.

Die letzten 10 Threads haben doch nichts anderes gezeigt, als dass es enorme Differenzen gibt zwischen dem griechischen "Nationalgefuehl" und
unserem auslaendischen.
Da ist es gut, mal ne Weiloe drueber nachzudenken.

Ansonsten: Sei stolz, meinetwegen. Ich habe gesagt, warum es sachlich falsch ist, auf einen Zufall und die zufaellige Mitgliedschaft einer gruppe "stolz" zu sein ,ich habe gesagt, es ist gefaehrlich, mit diesem Begrif zu hantieren. Mehr kann und will ich dazu nicht sagen.

Nach meinem Verstaendnis steht aus o.a. Gruenden jeder, der sagt, Stolz auf seine Nationalitaet zu sein, im Verdacht, ein paar Runden beim Nachdenken ausgesetzt zu haben, egal aus welchem Land er kommt und wie stinknormal es dort sein mag, auf sowas stolz zu sein.
Aber deswegen werde ich die Welt nicht aendern, und es ist mir auch zu anstrengend, es zu versuchen, also was solls Wink

Ach herrje, das koennte sich doch sehr nach einem halbwegs persoenlichen Angriff anhoeren.
War keineswegs so gemeint, um das klarzustellen.
Ich schaetze Deine Meinung als Meinung, kann sie aber beim besten willen nicht teilen und finde sie dieses eine Mal wirklich alles andere als bis zuende gedacht.
Das ist im Prinzip alles Wink

Sorry, wenn das u.U. falsch angekommen sein sollte

Prima, Tobi, dass Du das selbst gemerkt hast. Ich habe mir überlegt, ob ich auf das "ein paar Runden beim Nachdenken aussetzen" reagieren sollte, aber ich wollte keine Energie auf Privatfehden verschwenden, denn dazu ist das Board auch gar nicht da. Jetzt ist alles wieder im Lot.

Beste Grüße,
Rainer

Rainer Liedtke schrieb:
> Prima, Tobi, dass Du das selbst gemerkt hast.

Ja, weisst Du, bei diesen Temperaturen laeuft mir eben auch manchmal das Hirn heiss Wink
Sorry fuer das Missverstaendnis